Leonhart Fuchs Werner Waimann

Leonhart Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543

Knabenkraut (210) vorheriges Kapitel Inhaltsverzeichnis folgendes Kapitel rotem Steinbrech (212)
 

Von Ragwurtz. Cap. CCXI.

 

Abbildung Ragwurtz mennle
Ragwurtz mennle ( CCCXVII )
Abbildung: Seite 559

Deutsch: Knabenkraut, kleines
English: Orchid, green-winged
Francais: orchis bouffon
Latein: Orchis morio
 

Abbildung Ragwurtz weible
Ragwurtz weible ( CCCXVIII )
Abbildung: Seite 560

Deutsch: Ragwurz, Hummel-
English: Orchid, late spider
Francais: ophride abeille
Latein: Ophrys holosericea

Namen.

R
Agwurtz würdt bey den Griechen Orchis serapias / oder Triorchis / zu Latein aber Testiculus Serapias geheyssen. Ursachen sölcher namen seind in unserm Lateinischen kreüterbuch nach der leng angezeygt.

Geschlecht.

   Der Ragwurtzen seind fürnemlich zwey geschlecht. Eins mit schönen purpurfarben blumen. Das ander mit vilerley farben / als purpurbraun / weiß / geel unn grün durch einander vermengt. Das underst an der blumen vergleicht sich einer horneß oder bremen / das oberst aber sicht einem vögelin / mit seinem haupt und auffgethonen flügeln gleich / seind sonst mit stengeln / blettern unnd wurtzeln einander fast gleich / doch ist das ander geschlecht höher.

Gestalt.

   Der Ragwurtz bletter seind den Lauchblettern gleich / aber breyter und feyßter / und unden gegen der wurtzel zusamen gewicklet und gebogen. Die stengel seind ungevärlich anderhalb spannen lang. Die blumen gestalt wie oben angezeygt / unn das gemäl klärlich außweißt. Die wurtzel seind formiert wie die nuß / allwegen drey bey einander / und ist alweg eine grösser dann die ander.

Statt irer wachsung.

   Die Ragwurtzen wachsen gern in starckem grund und in den wisen.

Zeit.

   Die Ragwurtzen blüen im end des Meyens / unn anfang des Brachmonats am fürnemlichsten.

Die natur und complexion.

   Die Ragwurtzen trücknen auß und wermen / wie die Knabenkreüter.

Die krafft und würckung.

   Die wurtzel von gedachten Ragwurtzen zerknütscht oder zerstossen unnd übergelegt / verzeret und zerteylt allerley geschwulst / reyniget die geschwär und schäden. Uber die fistel gelegt / heylet sie dieselbigen. Gedörrt und jngestrewet / heylet sie die umb sich fressenden schäden / als den wolff / unnd dergleichen. Sie heylet auch allerley böß und faul schäden. In wein gesotten unn getruncken / stelt sie den bauchfluß. Man gebraucht sich diser wurtzel nit so seer zu erweckung der Eelichen werck / als der Knabenkreüter / dann sie zu solchem gebrauch nit so dienstlich erfunden würt. Dise wurtzel heylet auch die mundfeule / in wasser gesotten / und den mund darmit gewäschen.

nach oben

Knabenkraut (210) vorheriges Kapitel Inhaltsverzeichnis folgendes Kapitel rotem Steinbrech (212)