Leonhart Fuchs Werner Waimann

Leonhart Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543

Titelblatt (347) vorheriges Kapitel Inhaltsverzeichnis folgendes Kapitel Michael Isingrin zum Leser (349)
 
 

Abbildung
Abbildung: Seite 5

Der aller durchleuchtigsten christenlichsten hochgebornen Fürstin und Frawen / Fraw Anna Römischen zu Hungern und Behem Künigin / Ertzherzogin zu österreich / Hertzogin zu Burgund / Steyr / Crain / Gräfin zu Tyrol etc. meiner aller gnedigsten Frawen.
   Aller durchleuchtigste / Christenlichste Künigin / aller gnedigste Fraw / ich hab vor einem jar nechst verschinen ein Lateinisch kreüterbuch im truck lassen außgeen / darinnen nit on sondern grossen kosten / müe unnd arbeyt / mehr dann fünffhundert figuren von den frischen unnd lebendigen kreütern so in Teutschen fürnemlich / auch andern mehr landen wachsen / dermassen abgemalet unnd contrafeyt seind / das sie nit wol artlicher unn besser / nach aller jhrer gestalt / hetten mögen abgebildet werden. Darzu hab ich derselbigen aller warhafftige histori / das ist / namen / geschlecht / gestalt / ort unnd zeit jhrer wachsung / natur oder complexion / krafft unn würckung / auß den aller eltesten / besten und berümptesten kreüterschreibern und ärtzet / auff das aller vleissigest und kürtzest so mir immer müglich gewesen / beschriben unnd zusamen tragen / also das vormals nie / on rhum zu reden / dergleichen an tag kommen ist. Sölches aber alles zu thun bin ich auß kheiner andern ursachen bewegt worden / weder das ich mit diser meiner müe und arbeyt denen so in der loblichen und notwendigen kunst der artzney wolten fruchtbarlich fürfaren unn studieren / möchte dienen / rhätlich unnd fürderlich sein / in ansehung das mir wol bewüßt / wie vor wenig jaren die erkantnuß fast aller kreüter bey dem mehren teyl der artzet allso gantz und gar erloschen ist gewesen / und in einen abgang kommen / das man wenig gefunden hat / die zehen kreüter recht und grüntlich erkennt haben / dieweil sie sich mit disem handel nit seer bekümmert / sonder denselben auff die allten weiber / und ungelerten Apotecker geschoben / gleich als were es jnen zu verweissen oder ettwas uneerlich gewesen / sich mit sölcher unnötiger sorg der erforschung der kreüter zu beladen. So doch wissentlich ist / wie die alten artzet / in sonderheyt Theophrastus / Dioscorides unnd Galenus / nichts eerlicher noch nötiger zu sein geacht haben / dann dise vleissige erkündigung der kreüter. Darumb seind dieselbigen vil lender mit grossem kosten / leibs und lebens geferligkeyt durchzogen / damit sie die kreüter gentzlich möchten erkennen / unn wie und wo sie wüchsen / mit jhren eygnen augen besichtigen und anschawen. Unnd solt billich das exempel so treffenlicher und gelerter menner / unser artzet bewegt haben / damit sie die erkantnuß der kreüter nit so gantz und gar in wind geschlagen unnd verachtet hetten. Was aber zu letzst für grosse merkliche jrthumb auß diser nachlessigkeyt und verachtung erwachsen und gefolgt seind / hab ich in andern meinen büchern gnugsam angezeygt / unnd ist derhalben nit von nöten sölchs hie nach der leng zu widerholen. Darmit ich nun denen so zu unsern zeiten sich auff die kunst der artzney begeben haben / in der erkantnuß der kreüter etlicher massen hilfflich sein / unn die jrthumb so auß sölcher unwissenheyt erwachsen fürkommen möchte / hab ich vorgedacht mein Lateinisch Kreüterbuch zusamen getragen / und volgends im truck lassen außgeen. Dieweil aber sölchs allein denen so der Lateinischen spraach verstendig fürtreglich ist / und nit desterweniger daneben vil die diser spraach unerfaren seind / und doch lust und liebe zu der pflantzung und erkantnuß der kreüter haben / gefunden werden / bin ich zum offtermal von ettlichen derselbigen auffs höchst und vleissigest ersucht und gebetten worden / diß mein Lateinisch Kreüterbuch in das Teütsch zu bringen / und volgends mit zu thun der warhafftigen unn lebendigen abbildung und figuren der kreüter / in truck lassen außgeen / das ich dann auff vilfeltig jhr ansuchen hab gethon / unnd sölchs auß keiner andern ursachen / dann das mich für gut unn nützlich angesehen / das die kreüter nit allein von den ärtzten / sonder auch von den Leyen und dem gemeinen mann in gärten hin und wider vleissig gepflantzt unn aufferzogen werden / darmit derselben erkantnuß in Teütschen landen dermassen täglich wachs und zuneme / das sie nimmer in vergessung möge gestelt werden. Das hab ich fürnemlich hie darumb wöllen anzeygen / darmit nit die unverstendigen möchten meynen / das ich derhalben mein Kreüterbuch hette wöllen inn die Teütschen spraach bringen / damit auch der gemein mann kündte jhm selbert in der not artzney geben / und allerley kranckheyt heylen. Dann mir wol bewüßt / das vil mehr zu einem rechtgeschaffnen artzt gehört / dann allein kreüter und derselbigen würckung erkennen und wissen. Darumb ob schon einer vil kreüter kent / so würdt er dannest noch lang kein artzt sein / sonder er muß auch andre ding die zu einem volkommen artzt gehören / wissen unn gelernt haben. Es sol aber auch niemands derhalben underlassen dise edle creatur Gottes zu erlernen / ob schon jhre erkantnuß keinen volkommen artzet macht. In dem Teütschen aber hab ich mich in sonderheyt beflissen / das die ding so dem gemeinen mann zu wissen nit dienstlich noch nötig seind / würden außgelassen und überschritten. Hergegen hab ich die beschreibung der gestalt aller kreüter vil völliger gemacht / und baß herauß gestrichen / dann vormals im Latein geschehen / darmit dieselbigen menigklich dermassen würden jngebildet / das sie fürhin nimmer in einigerley vergessen kommen möchten. Dann wo die alten lerer / der kreüter gestalt an allen orten hetten vleissig abgemalet / unn mit worten volkommenlich beschriben / so weren uns auff den heütigen tag vil kreüter bekant / die allso auß gemeiner erkantnuß kommen seind. Und darmit ich die sach kürtze / so hab ich weder müe / arbeyt noch kost gespart / damit diß mein new Kreüterbuch dermassen an tag keme / das es dem gemeinen mann zu der erkantnuß der kreüter möchte nützlich und füglich sein. Nachdem und ich mich aber lange zeit bedacht / aller gnedigste Fraw / wem ich sölch mein New Kreüterbuch möchte am aller füglichsten zuschreiben / hab ich nach sölchem langen bedacht niemands gefunden dem ichs billicher zuschreibe dann ewer Königlichen Maiestat / unnd das auß folgenden ursachen. Erstlich das diß mein Kreüterbuch so under ewer Königlichen Maiestat schutz und namen außgeet / bey yederman dest mehr und grösser ansehen hette / dieweil offenbar und meniglich bewüßt / das diser zeit under allen Königin kheine von höherm stammen geborn / unnd mit mehren unnd höhern Königlichen tugenden / dann ewer Königliche Maiestat / begabt ist : das on zweifel ein yeder so zu lestern und zu schmehen ander leüt arbeyt geneygt ist / gegen ewer Königlichen Maiestat namen sich entsetzen würt / und also seins lesterns absteen. Zu dem andern / das ich in keinen zweifel setz / diß mein buch / darinnen so vil kreüter auff das aller künstlichst seind abgemalt / unnd mit hohem grossen vleiß beschriben / werde ewer Königlichen Maiestat seer angenem sein / dieweil sich ewer Königliche Maiestat offt darmit mag belüstigen / unnd kurtzweilen / nach dem exempel viler mechtiger König unnd Königin / die sich vor zeiten des handels der kreüter mit sonderm hohen vleiß und ernst undernommen haben / wie das noch auff den heütigen tag vil kreüter / so derselbigen König unnd Königin namen behalten haben / klärlich bezeugen. Dann woher hat Entian / die zu Latein Gentiana genent würt / jren namen / weder von der Sclauen oder Croatier König Gentio überkommen : Also ist das kraut so wir Weiderich heyssen / von Lysimacho der Macedonier König / Lysimachia geheyssen worden. Deßgleichen ist das kraut welchs wir wasser Bathengel nennen / von dem König Mithridate / Mithridatia genent worden. Also ist auch der Beyfuß auß keiner andern ursachen Artemisia geheyssen / dann von der Königin die ein gemahel des Königs Mausoli gewesen / welche denselbigen durch jren sondern vleiß erfunden / unn jm darnach sölchen namen jngesetzt hat. Und wer ist vor und nach under allen Königen so mechtig unn gewaltig gewesen als Salomon / noch wolt er nichts dester weniger sich allso seer in der erkantnuß der kreüter bemüen / das er / wie uns sölches die heylig Götlich schrifft offenbarlich bezeugt / vom Cederbaum an biß zu dem Hysopkraut / das auß der mauren wechßt / artlich und weißlich kündte reden unnd disputieren. Gleicher weiß unnd gestalt thut auch yetzund der allerdurchleutigest hochgeborn Römisch unn zu Hungern König etc. ewer Königlichen Maiestat gemahel / mein aller gnedigster Herr / der sich also mit diser kreüter kunst / wie ich bericht würd / belüstiget unnd bemüet / das er nit allein die so derselbigen erfarnuß unnd kundtschafft haben gnediglich / wie etlich Römische Keyser vor zeiten gethon / auffenthelt / sonder sein Königliche Maiestat laßt jhr zu summers zeiten die kreüter im feld und in den gärten abbrechen / sich damit zu erlüstigen / also das sie derselben nit einen geringen verstand hat / und mehr dann die / denen es auß jrem beruff zusteet unn gebürt / darvon zu reden weyß. Welchs warlich heyszt recht inn die fuszstapffen der alten König tretten / die sich auch vleissig mit disem handel / wie vormals angezeygt / bekümmert haben. Verhoff diser ursach halben diß mein buch ewer Königlichen Maiestat auch vil mehr angenemer zu sein. Zum dritten so hab ich mein nun zum offtermal gedacht Kreüterbuch ewer Königlichen Maiestat in sonderheyt wöllen zuschreiben / darmit ich mein ganz underthenig dienst und geneygten willen gegen ewer Königlichen Maiestat erzeygte. Ist derhalben an ewer Königliche Maiestat mein underthenig bitt / sie wölle sölch mein buch / das ich jhr hiemit zueygen / vonn mir gnediglich annemen / und nit die geringheyt der schencke / sonder vil mehr gegen ewer Königlichen Maiestat mein ganz underthenigen willen / unn gegen yederman mein getrewe wolmeynung ansehen. Und so ich dise mein müe unnd arbeyt ewer Königlichen Maiestat angenem sein spüren würd / wil ich dester geflissener sein / in gleichem fall hinfüran / mit Göttlicher hilff / dem gemeinen nutz nach allem meinem vermögen zu dienen. Der allmechtig Gott wölle ewer Königliche Maiestat in langwiriger gesundtheyt und seliger wolfart gnediglichen fristen unn erhalten / deren ich mich in aller undertenigkeyt hiemit bevilch. Datum Tübingen den dritten tag des Mertzens / im jar M. D. XLIII E. Königlichen Maiestat Undertheniger Leonhart Fuchs der artzney Doctor.

nach oben

Titelblatt (347) vorheriges Kapitel Inhaltsverzeichnis folgendes Kapitel Michael Isingrin zum Leser (349)