Leonhart Fuchs Werner Waimann

Leonhart Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543

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Von Bilsenkraut. Cap. CCCXXIIII.

 

Abbildung Bilsamkraut
Bilsamkraut ( CCCCLXXVII )
Abbildung: Seite 825

Deutsch: Bilsenkraut, schwarzes
English: Henbane
Francais: jusquiame
Latein: Hyoscyamus niger

Namen.

B
Ilsenkraut nennen ettlich Sawbonen und Schlaafkraut. In Griechischer und Lateinischer spraach würdt es Hyoscyamus unnd Apollinaris geheyssen. Die Araber nennen diß gewechß Altercum. In den Apotecken heyßt mans Jusquiamum. Ursachen seiner namen haben wir in unnserm Lateinischen kreüterbuch angezogen.

Geschlecht.

   Wiewol bey den alten drey geschlecht des Bilsen erzelt werden / wie wir dann sölchs klärlich im Latein haben angezeygt / yedoch so ist uns noch zu diser zeit nit mehr dann eins bekant / welchs cotrafeytung wir hie dargethon haben. Wöllen derhalben auff diß mal nur dasselbig allein beschreiben / unnd die andern faren lassen.

Gestalt.

   Bilsen ist ein staud die hat seer dicke stengel. Seine bletter seind erstlich vast breyt / lind / weych und wollecht / zerschnitten und zerspallten beynach wie Eychen laub / schwartz äschenfarb grün. Dise werden am stengel oben außhin schmeler / kleiner unnd spitziger / zerkerfft mit fünff oder siben spitzen / anzusehen wie ein hendlin. Seine blumen seind bleych totterfarb schellen / die do erstmals auß Bynen heüßlin kriechen / haben inwendig vier oder fünff purpurfarber köpfflin / welche wann sie abfallen zu häfelin werden / mit kleinen decklin verdeckt / die wachsen am stengel nach einer ordnung biß oben auß. Der samen so darinn zeitig würt / ist dem Magsamen gleich / doch grawer unnd erdenfarber. Die wurtzel ist geel / schlecht / fingers dick / mit vilen zaseln.

Statt seiner wachsung.

   Das Bilsenkraut wechßt allenthalben bey den gestaden der wasser / an den wegen / und alten hofstetten.

Zeit.

   Bilsenkraut blüet den gantzen summer / fürnemlich aber im Hewmonat.

Die natur und complexion.

   Bilsenkraut und samen seind kalter natur / und dem menschen schädlich / ja tödtlich / darumb sie nit sollen in den leib genommen werden.

Krafft und würckung.

   Das Bilsenkraut grün zerstossen allein / oder mit gersten maltz vermischt unn übergelegt / stillen allerley schmertzen. Der safft vonn dem kraut außgetruckt / tüchlin darinn naß gemacht / und über die hitzige / trieffende unnd schmertzliche augen gelegt / lescht die hitz / stillt den fluß und den schmertzen derselbigen. Der safft oder das öl von dem samen inn die ohren gethon / legt unnd stillt die stich darinn / unnd den schmertzen. Doch sollen dise mit grosser sorg gebraucht werden. Die bletter also grün übergeschlagen / trucken nider / unnd treiben hindersich allerley geschwulst. Mit gersten maltz vermengt / zerstossen unn übergeschlagen / stillen und vertreiben sie die weetagen der glider / das Podagra so von hitz kompt. Ein fußwasser vonn Bilsen gemacht / bringt den schlaaf. Deßgleichen thut das öl vom samen gemacht mit essig vermischt / unnd über die stirn unnd schläf gestrichen. Die bletter zerstossen und übergelegt / stellen das bluten / unnd das überig fliessen der frawen. Die wurtzel von Bilsen in essig gesotten unnd im mund ein zeit lang gehalten / stillt den grossen unnd unleidlichen schmertzen der zän. In summa / die grüne Bilsen bletter / der samen / und safft / dieweil sie nit allein den menschen / sonder auch das viech doll unn unsinnig machen / sollen nit innerlich / sonder allein eüsserlich die schmertzen zu stillen / und den schlaaf zu machen / gebraucht werden / und alßdann auch mit guter bescheydenheyt. Das hab ich gemeldet von der landstreicher wegen / die zu zeiten ungeschickt mit den Bilsen umbgeen. Aber wann ein Oberkeyt / der es zusteet / ein jnsehen hette / unnd disen lotterßbuben nit gestattet allso die leüt jemerlich zu betriegen / bedürfft man sölcher warnung gar nit.

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