Leonhart Fuchs Werner Waimann

Leonhart Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543

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Von Chamander. Cap. CCCXXXV.

 

Abbildung Klein Bathengel
Klein Bathengel ( CCCCXCVIII )
Abbildung: Seite 858

Deutsch: Gamander, echter
English: Germander, wall
English: Germander, common
Francais: germandrée officinale
Francais: petit chêne
Latein: Teucrium chamaedrys
 

Abbildung Klein Bathengel weible
Klein Bathengel weible ( CCCCXCIX )
Abbildung: Seite 859

Deutsch: Gamander, Trauben-
English: Germander, cut-leaved
Francais: germandrée femelle
Latein: Teucrium botrys
 

Abbildung Erdtweyrauch
Erdtweyrauch ( CCCCC )
Abbildung: Seite 860

Deutsch: Ehrenpreis, großer
English: Speedwell, large
English: Speedwell, heavenly blue
Francais: germandrée bâtarde
Latein: Veronica teucrium
 

Abbildung Gamenderle
Gamenderle ( CCCCCXI )
Abbildung: Seite 861

Deutsch: Ehrenpreis, Gamander-
English: Bird's eye
English: Speedwell, germander
Francais: véronique germandrée
Latein: Veronica chamaedrys

Namen.

C
Hamander nennen wir hie das geschlecht der kreüter / welchs von den Griechen Chamaedrys / unnd zu Latein Trixago geheyssen würdt. Der Griechisch name ist in den Apotecken bliben. Sonst nennt mans auch Querculam minorem / und Serratulam. Ursachen sölcher nemen findt man in unnserm Lateinischen Kreüterbuch angezeygt.

Geschlecht.

   Des Chamanders seind fürnemlich vier geschlecht. Das erst haben wir klein Bathengel mennle genent / unnd ist das recht Chamaedrys / das sich gantz unnd gar auff die beschreibung der allten reimbt. Das ander geschlecht haben wir klein Bathengel weible geheyssen. Das dritt Erdtweyrauch. Das vierdt Gamenderlin oder Blawmenderlin. Dise vier gewechß seind one zweifel geschlecht des Chamanders. An dem ersten ist kein zweifel / dann es würdt in allen Apotecken darfür gebraucht. Das annder reucht seer wol / unnd ist auch ein recht Chamander / dann Plinius am ix. buch am x. cap. schreibt / das es einen guten geruch haben sol. Die letzsten zwey werden auch billich darunder gezogen / dieweil sie sich sonst under kein Capitel baß / dann eben under das gegenwertig / reimen wöllen.

Gestalt.

   Das erst geschlecht ist ein steudlin ungevärlich anderhalb spannen hoch / hat vil dünner rütlin mit jhren kleinen blettlin gezieret / ye zwey gegen einander zerkerfft / dem Eychen laub seer änlich / und am geschmack bitter. Gewindt braune blümlin in der höhe auff unnd auff / wie ein äher gestalt. So die abfallen / bringt es in den heüßlin kleinen runden schwartzen samen. Die wurtzel ist dünn / klein und weiß / kreucht und fladert hin unnd her im grund. Das ander geschlecht hat einen treffenlichen guten geruch / ist mit den blumen / welche auß den heüßlin wachsen / dem ersten gantz änlich. Die bletter seind auch dem Eychen laub gleich / aber kreützweiß zerhawen und zerspallten / und wie Wermut blettlin anzusehen / doch kleiner unnd schöner. Die wurtzel ist ettwas dicker / kreucht aber auch hinn und her mit jhren zaseln. Das dritt geschlecht ist ein seer lieblichs gewechß / hat einen stengel oder drey / die seind rund / harig / und ungevärlich spannen lang. Die blettlin an den stengeln seind ettwas lenger und spitziger dann der anndern geschlecht / doch auch zu ringßumbher zerkerfft wie ein säg. Es gewindt seine gantz schöne blawe holtselige geäherte blümlin nit am öbersten teyl oder gipffel der stengel / sonnder zu den seiten / wie das erst geschlecht. Die würtzelin seind zasecht und dünn. Das vierdt geschlecht und aller gemeinest / ist dem nechsten mit wurtzel / stengel / blettlin unnd blümlin seer gleich : doch seind die blettlin ettwas grösser unnd breyter / die blümlin seind nit gar blaw / noch geähert wie an dem dritten. Bringt seinen samen inn zweyen täschlin / gleich wie Eerenbreiß.

Statt irer wachsung.

   Das erst und aller beste Chamander geschlecht wechßt auff den bergen under den stauden / etwan an den steinigen rheynen / als umb Rotenburg am Necker auff dem alten Schloßberg / unnd an den rheynen neben dem Necker / do es mit hauffen gefunden würdt.
   Das ander wechßt gern an steinechten orten. Das dritt und vierdt in wisen und graßgärten allenthalben.

Zeit.

   Das erst und ander geschlecht blüen fürnemlich im Brachmonat unn Hewmonat. Die andern zwey im anfang des Meyen.

Die natur und complexion.

   Die ersten zwey seind warm und trucken im dritten grad. Die letzsten zwey seind auch gleicher natur / doch nit so hoch im grad der werme und trückne als die ersten zwey.

Krafft und würckung.

   Die Chamander kreüter und blumen in wasser gesotten unnd getruncken / seind fürtreffenlich gut denen so husten / ein hart miltz haben / nitt wol harnen mögen / und so newlich seind wassersüchtig worden. Sie bringen den frawen jhre zeit / nemen hinweg die verstopffung der inwendigen glider / und zerteylen die groben zähen feüchtigkeyt. Mit essig vermischt und getruncken / machen sie das miltz kleiner. Inn wein jngenommen / widersteen sie allerley gifft / auch außwendig übergelegt. Gedörrt unnd gepulvert mit hönig vermischt / reynigen sie die allten schäden. Mit öl vermischt unn angestrichen / heylen sie die brüch / wunden / unnd umb sich fressende schäden. Der safft von den blettern mit öl vermischt unnd angestrichen / vertreibt die dunckelheyt der augen. In summa / die Chamander gewechß sind heylsame und nützliche wundtkreüter / dienen auch wol zu der zerteylung aller groben feüchtigkeyt / darumb sie nit allein vonn den wundärtzet / sonder auch andern sollen hoch und groß geachtet werden.

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