Leonhart Fuchs Werner Waimann

Leonhart Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543

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Von Linsen. Cap. CCCXXXI.

 

Abbildung Linsen
Linsen ( CCCCXCIIII )
Abbildung: Seite 851

Deutsch: Linsen
English: Lentil
Francais: lentille
Latein: Lens culinaris

Namen.

L
Insen werden bey den Griechen Phacos oder Phace / zu Latein Lens und Lenticula genent. Der Lateinisch name ist in den Apotecken bliben.

Gestalt.

   Die Linsen wachsen auff wie die Wicken / mit kleinen stengeln elen hoch / zu allen seiten mit kleinen gefiderten blettlin bekleydt. Ein yedes blatt hat seinen faden darmit es sich anbindt / wie die Erweyssen. Die blümlin werden braun / mit weisser farb vermischt : dise kriechen unden auß dem stengelin zwüschen den blettlin biß oben auß / also wann die understen zeitig werden / haben die öbersten blümlin noch kaum jr schöttlin gestossen. In den schöttlin aber so nach abfallung der blümlin wachsen / werden selten über vier Linsen gefunden. Unnd seind ettlich der Linsen leberfarb / die andern geelweiß / die dritten grawschwartz. Die wurtzel ist zart / mit vilen fasen.

Statt irer wachsung.

   Die Linsen werden in äckern auffgezogen / wie ander gemüß / wöllen haben einen zimlichen grund.

Zeit.

   Die Linsen blüen im Hewmonat / bringen darnach jre zeitigen schöttlin / und werden alßdann jngesamlet.

Die natur und complexion.

   Die Linsen seind in der werm und kellt mittelmässig / unnd trücknen im andern grad.

Krafft und würckung.

   Die Linsen zum offtermal gessen / machen dunckele trübe augen / werden schwerlich verdewt / seind dem magen schädlich / bläen denselben unn die därm seer auff. Wann die Linsen mit jren schelfen gessen werde / so stellen sie den bauch / dann jre schelfen ziehen seer zusamen. Linsen in wasser gesotten und die brüe darvon genossen / erweychet den harten bauch. So aber die erst brüe darvon gethon / unnd sie widerumb in einem andern wasser gekocht werden / stopffen sie den bauch. Darumb diser gestalt bereytet / seind sie ein nützliche speiß denen so den bauchfluß / und die roten rhur haben. Sie seind auch gut den frawen so zuvil fliessen. Wann man die schelfen von den Linsen thut / so stopffen sie nit so seer / neeren aber mehr so sie gessen werden / machen doch nichts desterweniger ein grobs böß melancholisch geblüt. Darumb die so sölche in der speiß stäts gebrauchen / leichtlich außsetzig werden / und den krebs überkommen. Sie machen auch schwere tröum / und seind dem kopff und nerven schädlich. Es ist aber nützlich unnd gut das man den Linsen on die schelfen zuthüe / Endivien / Burtzelkraut / Nespeln / dürr Rosen / Kütten / oder dergleichen / so stellen und stopffen sie dester krefftiger. Die Linsen mit gersten maltz gesotten unnd übergeschlagen / lindern die schmertzen des Podagrams. Linsen mit hönig gekocht / dienen wol zu den fliessenden unn umb sich fressenden schäden. In essig gesotten unn übergelegt / zerteylen sie die herten geschwulst / und die kröpff. Linsen in mehr oder saltzwasser gesotten und übergelegt / zerteylen die knollende milch in den brüsten / und verzeren auch die überige milch darinn. Die Linsen seind gut zu allerley geschwären / grinden unn rauden des leibs. Sie heylen auch die zerschrundene glider / in meth gesotten und übergeschlagen. Die Linsen wol gesotten / darnach zerstossen und übergelegt / stellen das blut so zu den wunden und anderßwo herauß fleußt. In der speiß genossen / sind sie allein gut denen so überflüssig feücht sind : denen aber welcher natur seer trucken ist / seind sie überdie massen schädlich / dann sie seer trücknen. Darumb dieweil sie den mennlichen samen verzeren und außtilgen / nemen sie hinweg den lust zu Eelichen wercken. Sollen aber von denen so keüsch leben wöllen mehr dann von den so im Eelichen stand seind gebraucht werden.

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