Leonhart Fuchs Werner Waimann

Leonhart Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543

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Von Melissen. Cap. CXC.

 

Abbildung Melissen
Melissen ( CCLXXXI )
Abbildung: Seite 500

Deutsch: Immenblatt
Deutsch: Bienensaug
English: Balm, bastard
Francais: mélisse puante
Latein: Melittis melissophyllum
 

Abbildung Wantzenkraut
Wantzenkraut ( CCLXXXII )
Abbildung: Seite 501

Deutsch: Melisse, Zitronen-
English: Balm, lemon
English: Balm
Francais: mélisse
Francais: citronelle
Latein: Melissa officinalis

Namen.

M
Elissen nent man auch Hönigblum. Bey den Griechen würdt sie Melissophyllon oder Meliphyllon / zu Latein Apiastru und Citrago / in den Apotecken Melissa geheyssen. Dise namen aber alle hat sie überkommen darumb das die Immen oder Bynen ein sondere lieb unnd begird zu disem kraut haben / und das hönig darauß saugen.

Geschlecht.

   Man findt zu unsern zeiten zwey geschlecht der Melissen. Eins das über die massen wol reucht / wie die Citrinat öpffel / und sölchs ist on zweifel das recht. Das ander reucht auch / aber fast unlieblich / dann sein geruch ist seltzam / den stinckenden wantzen nit seer ungleich / darumb es auch würdt Wantzenkraut genent. Ist nit das recht Melissen / dann die Bynen nit vil darmit zethun haben / wie mit dem ersten / das so einen lieblichen geruch hat / das auch ein gantz gemach darinn es ligt / ein guten geschmack darvon überkompt.

Gestalt.

   Melissen hat stengel unnd bletter dem schwartzen Andorn gleich / aber der stengel würt nit hoch. Die bletter seind vil grösser unn zärter / auch nit so rauch / eins guten lieblichen geruchs / wie die Citrinat öpffel. Die blume seind leibfarb. Die wurtzel gantz schlecht und holtzecht. Das Wantzenkraut hat einen vierecketen stengel / der ist einer elen hoch. Die bletter seind den blettern der rechten Melissen ettwas gleich / aber nit so groß / eines seltzamen geruchs / gleich wie die wantzen oder wandleüß. Seine blumen die sie ringßumb den stengel gewindt seind weiß oder bleychgeel / in kleinen heüßlin begriffen / inn denselbigen samlet sich nach der blust der samen / der ist kleiner dann der samen der Agley. Seine wurtzel hat vil nebenwurtzelen durch einander / darmit sie sich hin und wider in der erden flicht / wie die Nessel.

Statt irer wachsung.

   Das erst geschlecht unn recht Melissa wechßt nit an allen orten / würt in wälden gefunden umb Ingolstat und Onoltzbach / do ichs dann überflüssig gesehen hab. Das Wantzenkraut zilt man allenthalben in gärten.

Zeit.

   Im Brachmonat und Hewmonat blüen beyderley geschlecht der Melissen.

Die natur und complexion.

   Melissa ist warm im andern grad / und trucken im ersten.

Die krafft und würckung.

   Melissen bletter in wein gesotten und getruncken / oder aber den leib mit sölchem wein bestrichen / seind nützlich und gut wider die bissz der schlangen / und andrer vergifften thier. Das kraut gesotten unn ein lenden bad darauß gemacht / bringt den frawen jr zeit. Das wasser darinn das kraut gesotten im mund gehalten / stillt den weetagen der zän. In der rote rhur ist diß kraut nützlich zu den clystieren gebraucht. So einer gifftige schwammen gessen het / der soll von disem kraut trincken. Man sol auch ein latwerg auß den blettern denen zu gebrauchen machen / die dem athemb nit mögen haben dann auffrecht. Mit saltz vermengt und zerstossen übergelegt / verzeren sie die kröpff. Reynigen unn seubern die wunden. Sie lindern den schmertzen der gleych übergeschlagen. So man die Ymmenkörb mit disem kraut reibt / so fliegen die Binen nit hinweg. So einer von Ymmen gestochen würt / der sol diß kraut überlegen / so legt es den schmertzen. Es verhütet das auffsteigen der muter. Ist fürtreffenlich gut denen so traurig unn schwärmütig seind / in wein gesotten und getruncken / oder einen zucker und Conserven darauß gemacht / dann es macht frölich. Der safft auß den blettern getruckt / und inn die augen gethon / macht ein klars gesicht. Man schreibt auch das der gebrauch diß krauts sinnreich mache / und gute leichte tröum.

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