Leonhart Fuchs Werner Waimann

Leonhart Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543

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Von Goldwurtz. Cap. XL.

 

Abbildung Goldwurtz weible
Goldwurtz weible ( LXIII )
Abbildung: Seite 140

Deutsch: Türkenbund, Lilie-
English: Lily, martagon
Francais: lis martagon
Latein: Lilium martagon

Namen.

D
As kraut davon wir in disem capitel handlen / würt auff Teütsch Goldwurtz genent / die Griechischen unnd Lateinischen heyssens Asphodelum / in den Apotecken nent mans Affodillum.

Geschlecht.

   Des krauts so von den Griechen unnd Lateinischen würt Afphodelus genent / seind zweyerley geschlecht / wie das Plinius im xxi. buch in dem xvii. capitel klärlich anzeygt / und wir in unserm Lateinischen kreüter buch mit vilen worten bewert haben. Das erst ist das mennlin / welches auff Teütsch mag Heydnischblum / oder Heydnische Gilg geheissen werden. Das ander geschlecht ist das weiblin / welchs die weil es in der blust einem künigliche scepter nit ungleich ist / würt es zu Latein genent Hastula regia. Wir Teütschen nennens Goldwurtz / darumb das sein wurtzel gantz goldgeel ist.

Gestalt.

   Das mennlin würt von dem Dioscoride beschryben das es bletter hab wie der groß Lauch / einen glatten stengel / welcher am gipffel bringt ein schöne blumen. Die würtzel seind etwas lang / rund / oder knöpffecht / als die Eicheln / der Peonien blumen oder Gichtwurtz nit ungleich / am geschmack gantz scharpff. Diß geschlecht haben wir noch nicht mögen bekommen / sonst wolten wir sein contrafactur hie auch mit eingemischt haben. Uns ist aber der same zugeschickt worden / den wöllen wir sähen unnd pflantzen / unnd so er uns auffkompt alsdann das gantz kraut lassen abmalen. Das weiblin hat runde stengel / zuringßumbher mit schmalen und langen blettern / dem spitzigen Wegrich nit ungleich / besetzt / die seind etwas zäch / unn on scharte. Am gipffel des stengels wachsen vil blumen / die seind etwas dick und feyßt / leibfarbrot / mit seer kleinen braunen tipffeln besprengt / deren blettlin seind hindersich gebogen gegen dem letzen ort. In der mitte hat ein yeglich blum sechs oder siben fäßlin / an welchen in der höhe wachsen klöpfflin / eins lieblichen geruchs. Nach der blüet sicht man daran lange köpfflin mit breytem geelen samen außgefült. Die wurtzel ist goldgeel / gleich den weissen Gilgen zwibel / mit vil zaseln dem Knoblauch nit unänlich.

Statt irer wachsung.

   Das mennlin wechst nit von sich selbst in unsern landen / sonder man muß es in gärten pflantzen. Das weiblin aber wechst allenthalben in hohen wälden / und zu zeiten auff den wisen so auff den hohen bergen ligen / als zu Tübingen am Osterberg genent / da es mit hauffen wechst.

Zeit.

   Das weiblin blüet im Brachmonat. Das mennlin ist uns noch nit zu sehen worden.

Die natur und complexion.

   Die wurtzel von dem mennlin / ist warm unnd trucken. Deßgleichen auch das weiblin / doch nit so seer als das mennlin.

Die krafft und würckung.

   Die wurtzel des mennlins treibt den harn / bringt den weibern jhre zeit / ist gut zu den schmertzen der seiten / unnd husten / so sie eins quintlins schwer im wein zerstossen getruncken würt. So einer von den schlangen oder natern gebissen were / der sol die bletter / wurtz / und blumen nemen / unnd dieselbigen mit wein vermischt zerstossen / unnd überlegen. Dise wurtzel ist auch gut zu allerley unreynen geschweren / die umbsich fressen / fürnemlich aber zu der geschwollne brust / so sie in wein heffen gesotten würdt übergelegt. In summa dise wurtzel hat fast einerley würckung mit der Haselwurtz / und Schlangenkraut / dann sie seübert unnd zerteylt / ist einer subtilen substantz / unnd verzert / sie eröffnet auch alles so verstopfft ist / derhalbe ist kaum ein bessere artzney zu der geelsucht / dann dise wurtzel in wein gesotten und getruncken. Zu äschen aber gebrandt / unnd ein salb mit honig darauß gemacht / unnd angestrichen / macht das außfallend har wider wachsen. Das weiblin / welchs wurtzel und bletter zäch und bitter seind / heylet geschwer unn wunden / rauden / unn ander alt schäden. Die wurtzel ist auch gut / so mans mit gersten kocht / denen so am leib abnemen / unn schwindsüchtig seind. Man mag sie auch mit meel vermengen / unnd brot darauß machen / unnd essen. Darumb haben die alten dise wurtzel / wie Hesiodus und ander mehr anzeygen / täglich in der speiß gebraucht.

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