Leonhart Fuchs Werner Waimann

Leonhart Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543

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Von Erdtbeerkraut. Cap. CCCXXIX.

 

Abbildung Erdtbeer
Erdtbeer ( CCCCXCI )
Abbildung: Seite 846

Deutsch: Erdbeere, Wald- (Links)
Deutsch: Erdbeere, Zimt- (Zentrum)
English: Strawberry, wild (left)
English: Strawberry, hautbois (centre)
Francais: fraisier (des bois)
Latein: Fragaria vesca (Links)
Latein: Fragaria moschata (Zentrum)

Namen.

E
Rdtbeerkraut würdt zu unnsern zeiten Fragaria geheyssen / darumb das seine frücht / Erdtbeer genennt / von dem Poeten Virgilio Fraga geheyssen werden. Wie aber diß schön lieblich kraut bey den alten Griechen genent sey worden / kan ich nit eygentlich wissen / es sey dann Rubus Idaeus / fürnemlich der so on stachel und dörn ist / wie wir dann sölchs mit mehr worten in unserm Lateinischen kreüterbuch haben angezogen.

Geschlecht.

   Der Erdtbeer kreüter seind zwey geschlecht. Das ein hat grösser blumen unn frucht weder das ander / und ist sölche frucht vil röter dann des kleinen Erdtbeerkrauts / haben sonst keinen underscheyd. Derhalben wir beyde geschlecht under einer figur begriffen haben.

Gestalt.

   Erdtbeerkraut kreucht unn fladert auff der erden / hat keinen stengel / gewindt aber vil lange fäden / die kriechen auß der wurtzel herfür / als netzfäden / hencken sich allenthalben auff der erden an / mit kleinen knöpfflin / darauß werden junge stöcklin. Die styl seind harig / unnd wachsen auff einem styl nit mehr dann drey bletter / unnd ist ein yedes blettlin ringßumbher zerkerfft wie ein säg. Sie seind auch auff der einen seiten gegen der erden gantz äschenfarb / mit vilen rippen. Wann sie sich erstlich herfür thun / seind sie zusamen gefalten / wie der Klee / gantz runtzlecht. Die blumen seind schöne weisse gestirnte Violen / inwendig geel. So die fünff weissen neben blettlin abfallen / würt auß dem mittelsten geelen butzen ein rauhes beer / das ist erstlich grün / darnach wann es gar zeitig würt schön rot / inwendig voller kleiner sämlin / eins lieblichen geruchs und süssen geschmacks. Die wurtzel ist außwendig braun / inwendig aber weiß / harig und zasecht.

Statt irer wachsung.

   Die Erdtbeeren wachsen auff dürren graßechten rheynen / inn den hecken/ und gärten / am liebsten aber in den wälden / und jungen hawen.

Zeit.

   Das Erdtbeerkraut blüet im früling unn den gantzen summer biß in Herbst. Doch würdt sein frucht selten im jar gefunden / weder allein im anfang des summers.

Die natur und complexion.

   Die bletter und wurtzel der Erdtbeer seind kalt und trucken im ersten grad. Die frucht dieweil sie noch unzeitig ist / kület und trücknet. Die zeitig frucht aber ist warm unnd trucken. Das haben wir in unnserm Lateinischen kreüterbuch weitleüffiger angezeygt.

Krafft und würckung.

   Das Erdtbeerkraut zerstossen unnd übergelegt / heylet die wunden. Gesotten unnd getruncken / stellt es den bauchfluß / der frawen kranckheyt. Die brüe darvon im mund gehalten / bekrefftiget unnd befestiget das zanfleysch / heylet die mundfeule / unnd vertreibt den bösen geschmack des munds. Der safft von den blettern heylet allerley geschwär / inn sonderheyt aber des angesichts / darmit gewäschen. Darumb sollen die sölchen safft offt brauchen die rotbrecht under dem angesicht seind. Die Erdtbeer aber leschen den durst / und seind dem hitzigen unnd Cholerischen magen dienstlich.
   Der safft von zeitigen Erdtbeeren ist gut denen so das grieß haben / getruncken / und reyniget die brust. Die wurtzel gesotten und getruncken abends und morgens / miltert die grossen hitz der leber.

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