Leonhart Fuchs Werner Waimann

Leonhart Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543

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Von Sanickel. Cap. CCLX.

 

Abbildung Sanickel mennle
Sanickel mennle ( CCCLXXX )
Abbildung: Seite 665

Deutsch: Sanikel, Wald-
English: Sanicle
English: Poolroot
Francais: sanicle
Latein: Sanicula europaea
 

Abbildung Sanickel weible
Sanickel weible ( CCCLXXXI )
Abbildung: Seite 666

Deutsch: Sterndolde, große
English: Masterwort, great
English: Sanicle, mountain
Francais: sanicle femelle
Latein: Astrantia major

Namen.

S
Anickel hat seinen namen von dem Lateinischen wörtlin Sanicula / dann also würt diß gewechß zu unsern zeiten in Lateinischer spraach geheyssen / von wegen seiner grossen krafft unn tugent so es erzeygt in den wunden zu heylen. Es würt von ettlichen auch Diapensia genent / auß was ursachen kan ich nit wissen. Wie es bey den alten sey geheyssen worden / ist mir nit bewüßt / acht aber sie haben sölch kraut nit erkant noch beschriben.

Geschlecht.

   Des Sanickels findt man zweyerley geschlecht / mennle und weible. Das mennle ist das so yederman under dem namen Sanickel bekant ist. Das weible halten ettliche für klein Meysterwurtz / doch nit on jrthumb / dann es weder in den blettern / noch in der wurtzel einerley rässe oder scherpffe hatt / sonder ist allein etwas bitter / und zeücht zusamen / wie das mennle. Was sonst für underscheyd zwüschen disen zweyen geschlechten sey / wöllen wir nachvolgends in beschreibung der gestalt klärlich anzeygen.

Gestalt.

   Sanickel mennle hat vil bletter in der gestalt als Reben laub / oder wie die bletter am wasser Hanenfuß / ein yedes blatt auff einem braunen styl in fünff teyl zerschnitten / unn widerumm ein yedes teyl auß disen fünffen in zwey teyl außgeschnitten / an der farb schön grün / unn glatt. In eim yeden blatt am ende seiner teylung ist ein brauns flecklin. Mitten auß dem stöcklin tringt herfür ein dünner bintzechter stengel / etwan elen hoch / on knöpff und gleych / auff welchs gipffel wachsen gantz drausselechte kleine weisse blümlin / vil neben einander gesetzt. So die abfallen / werden kleine köpfflin darauß / die seind gestalt wie die klettlin. Die wurtzel ist außwendig schwartz / mit vil zaseln / der Christwurtz nit seer ungleich / inwendig weiß / eins herben unn bittern geschmacks. Das weible ist mit den blettern dem vorigen gleich / doch sind sie nit so grün / unn haben kein brauns flecklin. Die stengel haben gleych und knöpff / darauß schlieffen die blumen / welche an der farb auch weiß seind / aber grösser dann des mennlins. So sie abfallen / bringt es einen langlechten samen mit holkelen underscheyden. Die wurtzel ist weiß.

Statt irer wachsung.

   Beyderley geschlecht des Sanickels wachsen gern an hohen bergen / unnd in wälden.

Zeit.

   Sanickel das mennle blüet im Meyen unn Brachmonat wie auch das weible / mögen zu derselbigen zeit gesamlet werden.

Die natur und complexion.

   Beyde Sanickel seind warm und trucken im andern grad.

Krafft und würckung.

   Sanickel ist ein berümpts und krefftigs wundtkraut zu heylen allerley wunden. Darumb der safft so auß den blettern getruckt würt getruncken / heylt wunderbarlich allerley wunden im leib. Das kraut grün zerstossen / oder gesotten und übergelegt / truckt nider die geschwulst / sie sey am menschen oder viech.
   Die bletter und wurtzel mit hönig und wasser gesotten und getruncken / heylen die verserten und verwundten lungen / auch allerley geschwär des munds und rachen / gegurgelt. Sanickel in wein oder wasser gesotten unn getruncken stellt das blut speien / heylet die roten rhur / unnd die verserten nieren. In summa / Sanickel hat alle krafft und würckung wie die Walwurtz / von welcher wir hernach wöllen schreiben.

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